Interview mit Daniel Alvarez (ESP)

  1. In welchem Alter bist du mit Pool-Billard in Berührung gekommen?
    Ich habe zum ersten Mal mit 12 oder 13 Jahren Karambolage kennengelernt, als mein Bruder mich einmal mitgenommen hat. Erst 3 Jahre später habe ich dann mit Poolbillard das erste Mal Kontakt erhalten. Mein bester Freund hatte mich zu einem Eiskaffee eingeladen, die hatten einen Tisch im Untergeschoß, da haben wir meinen Geburtstag gefeiert.
  2. Gab es einen besonderen Grund dafür?
    Eigentlich nicht, wie gesagt, mich hat es dann irgendwann einmal interessiert.
  3. Hattest du damals ein Vorbild gehabt?
    Tatsächlich. Raymond Ceulemanns und Nobuaki Kobayashi. Ich hatte eine Partie der beiden im 3. Programm (man ist das lange her…) gesehen. Welche vom Adi Furler kommentiert wurde. Gefühlte 6 oder 7 Stunden Liveübertragung.
  4. Fasse doch mal bitte deine Karriere als Spieler zusammen:
    Angefangen 1989 in der 8-Ball Verbandsliga des PBVM und beendet in der 2. Bundesliga DBU 2015 gegen den 1. PBC St. Augustin.
  5. In welchem Alter hast du dich dann entschieden die Seite zu wechseln und als Funktionär die Aufgaben und Tätigkeiten rund um den Sport zu übernehmen?
    Schon eigentlich direkt von Anfang an habe ich beide bedient. Ich hatte im Billard Center Match2 (dieses Lokal gehörte damals Horst Vondenhoff) sehr schnell verstanden, dass es viele Menschen gab, die nach dem Hype durch „Farbe des Geldes“ Billardspielen lernen wollten. Da ich mit meinem Bruder vorher als Trainerteam beim Hockeyclub Gold-Weiß Wuppertal bereits erste Erfahrungen als Trainer gesammelt hatte, fing ich im Match 2 an, Anfängertraining zu geben.
  6. Gab es auch dafür einen Anlass? Wenn ja: welcher?
    Naja, Vereinsgründung, Nachfragen nach Anfängertraining und so etwas halt.
  7. Welche Charaktereigenschaften sollte ein junger Spieler mitbringen um erfolgreich zu sein?
    Charaktereigenschaften ist eigentlich der falsche Begriff. Mir ist es wichtig, dass der Schüler die Fähigkeit besitzt, Richtig und falsch zu unterscheiden, mir ist ebenfalls wichtig, dass er/sie einigermaßen gut erzogen ist (Guten Morgen und so etwas in der Art).
    Der Trainer (am Anfang eher ein Lehrer, im späteren Verlauf ein Coach und Wettkampfbetreuer, am Ende eher ein Freund) sorgt für die Entwicklung von einem guten Billardspielers zu einem erfolgreichen Billardsporter.
  8. Welche Posten und Ämter hattest du als Trainer bzw. Funktionär schon innegehabt?
    Alle – Bis auf die Berufung zum Disziplintrainer der DBU. Ebenfalls keine Ämter auf Bundesebene, auch wenn ich zweimal mich auf das Amt des VP Leistungssport beworben habe. Letzten Endes bin ich aber eigentlich im Moment sehr zufrieden als Turnierleiter der DM der DBU, Sascha Willms (Bundessportwart der DBU) vertraut auf meine Fähigkeiten und als aktueller Vereinstrainer des Cinema Billard Clubs aus Wuppertal (der Verein, den ich mit ein paar anderen gegründet habe in den späten 80 Jahren).
  9. Was läuft, aus deiner Sicht in D in der Jugendförderung besonders gut? Wo besteht deiner Meinung nach Handlungsbedarf?
    Das kommt auf die Ebene an, auf die wir schauen. Lass uns einmal von Oben nach unten schauen, das ist einfacher.
  • Bundesebene: Ein sehr gut arbeitendes Gremium mit vielen Ideen und guter Zusammenarbeit.
  • Landesebene: Naja, da kommt es schon auf den Landesverband an, auf den wir schauen. In Westfalen hat sehr lange Zeit Christian Bähr einen sehr guten Job gemacht, nun hat Karsten Greilich übernommen, und ich glaube er wird nicht schlechter machen. Ich habe mit beiden sehr lange sehr gut zusammengearbeitet.
  • Vereinsarbeit: Das ist das Problem behaftet, denn folgende Probleme kommen da voll zum Tragen:
    o Jugendliche zahlen weniger Beitrag (wertfrei)
    o Jugendliche müssen betreut werden
    o Gesetzliche und verbandliche Vorschriften müssen eingehalten werden, u.a. Alkoholverbot und ähnliches
    o Training wird in den allerseltensten Fällen angeboten, und wenn ja, ist es meistens nicht richtig strukturiert (Übungen aufbauen … keine technische und persönliche Entwicklungssteuerung, etc.)
  1. Wie ist D im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sportlich gesehen aufgestellt?
    Eigentlich nicht so besonderlich gut. Es fehlt die Trainingsinfrastruktur in den Vereinen, es fehlen Gelder, um entsprechende Maßnahmen zu finanzieren, und es wird immer wieder von ALLEN Kritikern in Frage gestellt, das Training und Trainer einfach ein Muss in dieser Sportart ist, die ähnlich schwer zu erlernen ist, wie Stabhochsprung. Trotz alledem tauchen immer Talente auf (Joshua Filler, Moritz Neuhausen, etc.), die sich aufgrund ihres eigenen Willens und z.Tl. einer punktuell guten Betreuung an die Weltspitze gesetzt haben. Beide sind Weltmeister im 9-Ball und beide sind meiner persönlichen Meinung nach so unterschiedlich wie Michael Stich und Boris Becker. Sie haben auf zwei komplett unterschiedlichen Wegen Billard für sich kennengelernt. Allerdings haben Länder wie Russland, Polen, Niederlande und einige andere Länder in Europa sehr schnell und sehr gründlich aufgeholt und haben verstanden, dass es nur über selektive Trainingsmassnahmen möglich ist, entsprechenden Erfolgsathleten auszubilden. Eines der Paradebeispiele ist Polen, die es geschafft haben (auch unter Einflussnahme politischer Kanäle und Verbindungen), Billardsport nicht nur als Schulsport einzubinden, sondern gleichzeitig dazu eine nicht-verbandsgesteuerte Billardschiene auszuziehen, die sehr viele Talente aus Freizeit- und Jugendtreffs generiert.
  2. Was könnten wir aus anderen Ländern übernehmen bzw. anders und besser machen?
    Wir brauchen in Deutschland mehr Bereitschaft in den Vereinen, Verantwortung für die Ausbildung von Jugendlichen zu übernehmen, wir benötigen vom Staat mehr Fördermittel, um den Menschen die Kompetenzen auszubilden, Politische Strukturen müssen in Deutschland aufgebrochen werden, um andere (eventuell ungewöhnliche, aber vielversprechende Wege) zu gehen, und wir müssen aufhören zu glauben, das uns Jugendliche die Tür einrennen, nur weil wir Billardvereine anbieten. Wenn wir mit unserem Sport nicht dorthin gehen, wo die Jugendlichen sind, und sie dort abholen, werden wir einfach sang und klanglos in der Ecke der Randsportarten das tolle Dasein eine Randsportart innerhalb der Randsportarten sein, vielleicht ein wenig besser, als Briefmarkensammeln.
  3. Zurückblickend auf deine Karriere: Welches Ereignis hat dich am tiefsten bewegt? Und warum?
    Es gibt zuviele Moment, die zusammengeführt eigentlich mich geprägt haben. Ich habe über 100 Handtücher in meinen Schränken mit Freudentränen über die Erfolge meiner betreuten Sportlern.
  4. Was war dein größter Fehler oder welche Entscheidung hast du am meisten bereut?
    In meinem Leben habe ich den größten Fehler gemacht, meine Familie und Ehe aufs Spiel zu setzen, weil ich geglaubt habe, Billard wäre wichtiger. Bereut habe ich eigentlich nichts, denn jeder Moment hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich jetzt bin.
  5. Ist es deiner Meinung nach heutzutage schwieriger geworden die jungen Spieler*innen „bei der Stange“ zu halten?
    100% Ja. Das liegt aber nicht nur an den Jugendlichen selber, sondern auch an den Kompetenzen der Motivator. Es fehlt an Ausbildungen, damit diese Motivatoren sich auf einen aktuellen Wissensstand bringen. Es fehlt an Interesse in den Vereinen, Angebote zu erstellen. Wie soll ein Jugendlicher der 40 Stunden Unterricht die Woche hat (inkl. Hausaufgaben und Nachmittagsbetreuung), motiviert werden, dann noch 2- bis 3-mal ins Vereinsheim zu gehen, um diszipliniert an seinem sportlichen Erfolg zu arbeiten, der vielleicht irgendwann dazu führt, ein Turnier zu gewinnen? Denn Geld verdienen werden 99,99 Prozent NIEMALS.
  6. Wie motivierst du dann junge Menschen nicht nach dem ersten Rückschlag aufzugeben?
    Ich erzähle ihnen meinen Weg. Aber überreden nutzt nichts, wenn der Schüler sich entschieden hat, respektiere und akzeptiere ich diese Entscheidung. Ganz ehrlich, die Jugendlichen, die danach zurückkommen, bleiben.
  7. Hast du einen Wunsch für die Zukunft was die Vereine, die DBU besser machen sollte?
    Ja. Mehr Ehrlichkeit, mehr Offenheit, Mehr miteinander reden als übereinander.

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Daniel Alvarez
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